Antrag auf Aufnahme der Harmonielehre in die UNESCO-Liste des immateriellen Weltkulturerbes

Das Procedere verlangt, dass ein solcher Antrag nicht direkt gestellt werden kann, sondern zuerst eine Aufnahme in die Kulturerbeliste eines Landes erfolgen muss. In der Schweiz tritt die zuständige Kommission unter Leitung des Bundesamtes für Kultur alle 5 Jahre zusammen. Der Antrag wurde am 08.Oktober 2021 eingereicht und der Eingang am 21.10.2021 bestätigt.

Frau Bundesrätin Viola Amherd, Chefin des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport, hat diese Page besucht und wünscht mit Schreiben vom 23. Juni 2022 für den ausstehenden Entscheid der Kommission viel Erfolg. 

Gemäss Medienmitteilung vom 22. August 2023 wurde dem Antrag nicht stattgegeben, die christliche Symbolik und der ethische Gehalt der abendländischen Harmonielehre nicht in die Liste aufgenommen. Zu den Hintergründen gibt Wissenschafts-Blog B 34: "Der Entscheid des Bundesamtes für Kultur" Auskunft. 

 

Die Antwort aus Rom

Nachdem die Aufgaben des Pontificio Consiglio della Cultura im Jahre 2022 von Papst Franziskus einer anderen Institution zugeordnet wurden, obliegt der Entscheid nunmehr dem Dicastero per la Cultura e l’Educazione

Es wurde der Vorschlag unterbreitet, von Seiten des Vatikanstaats den entsprechenden Antrag bei der UNESCO zu stellen. Das Gesuch wurde am 10. Oktober 2023 eingereicht und richtete sich an Kardinal José Tolentino Calaça de Mendonça, den Präfekten des Dicastero, zugleich Grosskanzler der päpstlichen Universität Gregoriana sowie des Pontificio Istituto di Musica Sacra.

Kardinal José Tolentino Calaça de Mendonça

Schweizer Botschafterin im Gespräch mit Papst Franziskus

Einbezogen in den Dialog wurde zudem die Botschafterin der Schweiz beim Heiligen Stuhl, Frau Manuela Leimgruber, welche zu einem persönlichen Gespräch einlud, aus dem sich neue Einsichten ergaben:

Sowohl innerhalb als auch außerhalb des Vatikans tut sich eine Kluft auf zwischen jenen, welche mit fachlichem Interesse der Materie folgen und jenen, welche sich bereits vor der Lektüre skeptisch zurückhalten und zuallererst eine Anerkennung von höherer Instanz erwarten. Der fachliche Support zweier Rektoren des Pontificio Istituto di Musica Sacra (Prof. Giacomo Baroffio und Monsignore Vincenzo de Gregorio) genügt hierfür nicht - merkwürdigerweise, denn es gibt weltweit keine Institution, welche dem musikalisch-theologischen Kulturerbe des Abendlandes näher stünde. Für jene zweite Gruppe gilt es, abzuwarten, bis der Papst den musikalischen Symbolgehalt als Teil des katholischen Weltbildes im eigentlichen Wortsinne absegnet, gemäss der vielerorts zu lesenden Inschrift: MUSICA DONUM DEI. Höherinstanzlich geht es dann nicht mehr.

Mit Blick auf die UNESCO verhalten sich die Dinge ähnlich, denn Subalterne haben ihren Vorgesetzten gegenüber oft nicht - wie Immanuel Kant es forderte - den Mut, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen, obschon es genügen würde, ein Fundstück, welches den vorgegebenen Reglements nicht auf Anhieb zu entsprechen scheint, den Entscheidungsträgern vorzulegen. Mit christlicher Sakralmusik wird eine lebendige Tradition gepflegt.

Die Empfehlung, konkrete Konflikte wie jenen in Gaza nicht anzusprechen, da es sich um eine Angelegenheit der Politik handele, widerspricht dem polydisziplinären Ansatz der vorliegenden Studien* und offenbart die Hilflosigkeit gegenüber einer mathematischen Gewissheit, denn wenn es jemals Weltfrieden geben sollte, so hätte er sein Zustandekommen dem Erwerb von Synergiekompetenz zu verdanken. Strategisches Denken und Handeln erweisen sich hierfür als gänzlich ungeeignete Mittel und dienen nur der Vorteilnahme einzelner Interessengruppen. 

Ob die Menschheit hierzu allerdings jemals in der Lage sein wird, ist eine Frage für sich - vgl. Blog C8 “Minima Harmonia. Konkrete Utopie” sowie Video XXX: “Harmoniemissachtung beschreibt den wunden Punkt der Menschheit” oder auch Video XXIX: "Wenn Harmonia Päpstin wäre...".

Der Verfasser hat Anlass, sich für das aufschlussreiche Gespräch herzlich zu bedanken.

*****************

*Ein Weltbild, welches für sich in Anspruch nimmt, allumfassend (altgr. καθολικός katholikós) zu sein, kann nur ohne akademische Eingrenzungen bearbeitet und verstanden werden, s. Blog C1: Polydisziplinäre Betrachtungen zur Symbolik des abendländischen Tonsystems. Über die akademische Missachtung europäischen Kulturerbes, In. Rivista Internazionale di Musica Sacra 36, 2015, S. 49-79. Zudem ist es ein Grundsatz der Harmonielehre, Verschiedenheiten nicht auszuklammern, sondern synergetisch zu integrieren.